Was ist eine schwer behandelbare Epilepsie?
Manche Neurologen sind sich darüber einig, dass bei Epilepsiepatienten, die nach Gabe von zwei bis drei verschiedenen Medikamenten nicht anfallsfrei sind, wenig Hoffnung besteht, durch weitere Medikation Anfallsfreiheit zu erreichen, und dass in diesem Fall eine schwer behandelbare Epilepsie vorliegt. Von den meisten Ärzten wird sie auch als "refraktäre" oder "pharmakoresistente" Epilepsie bezeichnet. Es stehen aber noch andere Behandlungsmöglichkeiten zur Auswahl. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Das Ziel jeder Epilepsietherapie bei Patienten mit schwer behandelbarer Epilepsie ist eine Maximierung ihrer Lebensqualität bei bestmöglicher Anfallskontrolle und möglichst wenigen Nebenwirkungen. Als Epilepsiepatient stehen Ihnen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Erreichung dieses Ziels zur Verfügung. Was ist VNS-Therapie?
Die VNS-Therapie ist eine Kombinationstherapie, d.h. sie wird gemeinsam mit einer anderen Therapie, normalerweise Medikation, verwendet. Mit VNS-Therapie kann sich die Anfallshäufigkeit bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit partiellen Anfällen (mit oder ohne sekundäre Generalisierung) oder mit generalisierten Anfällen, die gegenüber Antiepileptika refraktär sind, verringern.
== transkutane VNS (t-VNS) ==
Die transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS) basiert darauf, dass ein Ast des Vagusnervs, der sogenannte Ramus auricularis nervi vagi (RANV), die Haut der Ohrmuschel im Bereich der Concha sensibel versorgt.<ref>Peuker ET, Filler TJ: The nerve supply of the human auricle. Clin Anat 2002;15:35-37.</ref> Daher kann dieser Ast transkutan mit elektrischen Impulsen stimuliert werden. Die Stimulationsparameter der t-VNS, wie Intensität, Pulsdauer und Frequenz sind so gewählt, dass die Reizweiterleitung analog zur invasiven VNS über dick-myelinisierte Aß-Fasern erfolgt. Die afferenten Fasern des RANV projizieren ebenso wie der zervikale Ast des Nervus vagus in den Nucleus tractus solitarii (NTS) im Hirnstamm.<ref>Nomura S, Mizuno N: Central distribution of primary afferent fibers in the Arnold's nerve (the auricular branch of the vagus nerve): a transganglionic HRP study in the cat. Brain Res 1984;292:199-205.</ref><ref>Gao XY, Rong P, Ben H, Liu K, Zhu B, Zhang S: Morphological and electrophysiological characterization of auricular branch of vagus nerve: Projections to the NTS in mediating cardiovascular inhibition evoked by the acupuncture-like stimulation; Society for Neuroscience Abstracts, 2010, p 694.22. </ref>
Der NTS ist der Ausgangspunkt für die Aktivierung eines komplexen zerebralen Netzwerks, das weitestgehend dem der invasiven VNS entspricht und mit der antikonvulsiven Wirkung assoziiert ist.<ref>Beekwilder JP, Beems T: Overview of the clinical applications of vagus nerve stimulation. J Clin Neurophysiol 2010;27:130-138.</ref><ref>Amar AP, Levy ML, Liu CY, Apuzzo MLJ: Vagus Nerve Stimulation; in Krames ES, Peckham PH, Rezai AR, (eds): Neuromodulation. London, Academic Press, 2009, pp 625-637. </ref><ref>Vonck K, Boon P, Van RD: Anatomical and physiological basis and mechanism of action of neurostimulation for epilepsy. Acta Neurochir Suppl 2007;97:321-328.</ref>
Die elektrischen Impulse werden durch einen Stimulator erzeugt, der mit einer speziellen Ohrelektrode verbunden ist. Diese ermöglicht eine gezielte Stimulation des Ramus auricularis des Nervus vagus. Über zentrale Schaltstationen wie den [[Nucleus tractus solitarii]] oder der [[Formatio reticularis]] werden die so übermittelten Impulse in höher gelegene Zentren des Gehirns weitergeleitet.
== Anwendung in der Epilepsiebehandlung ==
Die Implantation eines Vagusnervstimulators kommt meist nur bei anderweitig nicht behandelbaren („therapieresistenten“) Epilepsien in Frage. 1988 kam der Vagusnervstimulator zum ersten Mal bei einem Menschen zum Einsatz. 1997 genehmigte die zuständige Behörde in den USA, die [[Food and Drug Administration]] die Anwendung der Vagusnervstimulation zur Behandlung von Epilepsie. Bis Anfang 2007 wurden weltweit über 45.000 Patienten mit dem Vagusnervstimulator behandelt. Der Vagusnervstimulator kann nicht bei Krankheiten wie beispielsweise [[Asthma bronchiale]] angewandt werden.<ref>Spuck, S., Nowak, G., Sperner, J., Tronnier, V.: ''Implantation und Komplikation der Vagusnervstimulation'', Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie 2007; 8 (4), 16-20</ref> In den meisten Fällen ist eine zusätzliche Behandlung mit antiepileptischen Medikamenten dennoch notwendig. Die Menge kann jedoch in manchen Fällen reduziert werden.
Der transkutane Vagusnervstimulator hat 2011 die CE-Zulassung für die Behandlung von Epilepsien erhalten.<ref>http://www.cerbomed.com/transkutane-Vagusnervstimulation-12.html{{full}}</ref>
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